La Bohème
„Diese Bohémiens kennen alles und gehen überall hin, je nachdem sie gerade Lackschuhe oder zerrissene Stiefel haben. Man findet sie heute vor den eleganten Kaminen eines mondänen Salons und morgen unter den Gewölben einer verrufenen Tanzschenke. Sie können keine zehn Schritte über den Boulevard gehen, ohne einen Freund zu treffen, und keine dreißig, ohne einem Gläubiger zu begegnen. (…) Sie leben am Rande der Gesellschaft hin… Ein Geschlecht hartnäckiger Träumer, für welche die Kunst ein Glaube geblieben ist.“
(Henri Murger, aus „Scènes de la vie de Bohème“)
Der 35-jährige Puccini erkannte sich selbst sofort im Werk von Murger und beschreibt die Geburtsstunde seiner bis Heute beliebtesten Oper so: „Das Buch nahm mich mit einem Schlag gefangen. In jener Umgebung von Studenten und Künstlern fühlte ich mich sofort zu Hause. In dem Buch war alles, was ich suchte und liebe: die Frische, die Jugend, die Leidenschaft.“
Kaum eine andere Oper erzählt so hautnah vom Lebensgefühl junger Menschen, vom Erwachsenwerden wie „La Bohème“, und kaum ein anderes Stück geht so unter die Haut, denn es sind realistische Charaktere in einer realistischen Situation.
Puccini lässt uns „Held*innen“ auf der Opernbühne neu kennenlernen. Mimi ist eine bitterarme junge Frau auf der Suche nach Glück, genau dieses sucht auch Musetta – auf eine ganz andere Weise. Daneben haben wir es mit vier jungen Männern zu tun, die ganz bewusst so leben, wie sie leben: sie sind nicht in der Lage oder nicht bereit, sich anzupassen.
Puccini verherrlicht diese jungen Menschen nicht, er stellt sie dar. Ihren Ursprung in den Studentenmilieus von Paris und Mailand erkennen wir genauso plastisch, wie die Reibungsflächen mit unserer Gegenwart.
Was liegt also näher, als dass junge Menschen junge Menschen spielen]? Mit den Studierenden der Opernschule wollen wir gemeinsam das „Vie de Bohème“ ausloten. Träume und kurzes Glück tragen sie durch Armut, Leben und Überleben – und doch gibt es für materielle Not keine romantische Lösung.
„Es ist ein reizendes Leben und ein entsetzliches Leben, das seine Sieger und seine Märtyrer hat“. (H. Murger)
Was aus den jungen Freunden wird? Puccini lässt das Ende offen.
Studierenden der Opernschule
HochschulSinfonieOrchester der HMDK
Michael S. Kraus